BIBLIOMETRIE

Einfüh­rung Bibliometrie

Biblio­me­trie ist ein inter­dis­zi­pli­nä­res Forschungs- und Anwen­dungs­feld, das sich mit der Messbar­ma­chung und quanti­ta­ti­ven Analy­se von wissen­schaft­li­chen Publi­ka­ti­ons- und Zitati­ons­da­ten beschäf­tigt. Grund­la­ge bilden Daten, die wissen­schaft­li­che Artikel beschrei­ben, wie Autoren­na­men, Titel, Journal- oder Reihen­ti­tel, Erschei­nungs­jahr, Affilia­ti­on (=organi­sa­tio­na­le Adres­se) des Autors, ein oder mehre­re Fachklas­sen zur diszi­pli­nä­ren Veror­tung der Publi­ka­ti­on und Infor­ma­tio­nen zur Forschungs­för­de­rung, aus der die Publi­ka­ti­on entstan­den ist. Hinzu kommen Zitati­ons­an­zah­len (und ggf. weite­re kontex­tua­le Daten zu Zitatio­nen), mit denen die Rezep­ti­on von Publi­ka­tio­nen unter­sucht werden kann. Diese Daten entste­hen als Meta- und sozusa­gen Prozess­da­ten im Publi­ka­ti­ons­sys­tem und werden primär zu Infor­ma­ti­on-Retrie­val-Zwecken in Daten­ban­ken wie Web of Science, Scopus und neuer­dings OpenAl­ex aufbereitet.

Zentra­les Prinzip der Biblio­me­trie ist es, dass Infor­ma­tio­nen über Publi­ka­tio­nen – als zentra­le Resul­ta­te wissen­schaft­li­cher Forschung – und ihre Zitatio­nen über den jeweils indivi­du­el­len Inhalt hinaus in aggre­gier­ter Form Aufschluss über Eigen­schaf­ten und Dynami­ken inner­halb des Publi­ka­ti­ons- und Wissen­schafts­sys­tems geben können. So liegt eine der histo­ri­schen Wurzeln der Biblio­me­trie in der Suche nach empiri­schen Gesetz­mä­ßig­kei­ten wie dem Bradford-Gesetz, das ursprüng­lich in einem biblio­the­ka­ri­schen Kontext entwi­ckelt wurde. In einem verwand­ten Feld dienen z.B. Paten­te als Quelle, um Trans­fer­pro­zes­se in Richtung wirtschaft­li­cher Verwer­tung zu analysieren.

Ein Kernbe­reich der klassi­schen, evalua­ti­ven Biblio­me­trie liegt in der Entwick­lung, Bewer­tung und Anwen­dung von Indika­to­ren, mit denen sich Eigen­schaf­ten von Publi­ka­ti­ons­kor­po­ra messen lassen. Solche Indika­to­ren kommen bei der Bewer­tung von Insti­tu­tio­nen, Sekto­ren, Ländern oder auch Personen(-gruppen) zum Einsatz. Aufgrund unter­schied­li­cher Fachkul­tu­ren sollten Indika­to­ren feldnor­ma­li­siert werden oder andern­falls nicht für inter­dis­zi­pli­nä­re Verglei­che benutzt werden. Verwen­det werden z.B. feldnor­ma­li­sier­te Zitati­ons­ra­ten (FNCR), der feldnor­ma­li­sier­te Anteil hochzi­tier­ter Publi­ka­tio­nen oder Kolla­bo­ra­ti­ons­in­di­ka­to­ren. Dagegen werden der Journal Impact Factor (JIF) oder der H‑Index im Feld vielfach kritisch diskutiert.

Eng verknüpft mit der Forschungs- und Anwen­dungs­pra­xis sind aufgrund der Spezi­fi­ka der Daten, die, wie oben ausge­führt, nicht primär für diesen Zweck erstellt wurden, auch Techni­ken zur Daten­be­rei­ni­gung, Disam­bi­gu­ie­rung von Entitä­ten (insb. von Autoren, Organi­sa­tio­nen und Forschungs­för­de­rern) und zum Matching unter­schied­li­cher Daten­quel­len sowie Metho­den wie Cluste­ring auf Basis von Ko-Zitatio­nen oder biblio­gra­fi­scher Kopplung für z.B. Science Mapping.

Diese Techni­ken, Metho­den und Indika­to­ren kommen auch in explo­ra­ti­ven Forschungs­sze­na­ri­en zum Einsatz und tragen zur quanti­ta­ti­ven Wissen­schafts- und Innova­ti­ons­for­schung bei, z.B. bei der Analy­se der Auswir­kun­gen von Förder­pro­gram­men, Geschlech­ter­un­ter­schie­den, der Identi­fi­ka­ti­on von Innova­tio­nen und aufkom­men­den Forschungs­fel­dern (Emerging Fields) oder auch bei Studi­en zu wissen­schaft­li­chem Fehlverhalten.

Während diese Fragen typischer­wei­se statis­tisch analy­siert werden, haben sich über die Zeit auch metho­di­sche Schnitt­stel­len zu anderen Feldern heraus­ge­bil­det, wie z.B. im Fall der Netzwerk­ana­ly­se oder Infor­ma­ti­on Retrie­val. Auch die Kombi­na­ti­on mit quali­ta­ti­ven Verfah­ren ist möglich, zudem eröff­net der zuneh­men­de Zugang zu Volltex­ten und die Entwick­lun­gen im Bereich Natural Language Proces­sing (NLP) und bei Large Language Models (LLMs) die stärke­re Berück­sich­ti­gung der seman­ti­schen Ebene bei der Analy­se von Publikationskorpora.

Weiter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen finden Sie in den Biblio­me­trics Quick Notes von Dr. Stephan Gauch, die im Kontext des KB und vom Bundes­mi­nis­te­ri­um für Forschung, Techno­lo­gie und Raumfahrt geför­dert entstan­den sind.

Der Open Access Monitor Deutschland

Der Open Access Monitor Deutsch­land ist ein Tool, das den Publi­ka­ti­ons­out­put deutscher wissen­schaft­li­cher Einrich­tun­gen in wissen­schaft­li­chen Zeitschrif­ten erfasst. Damit bietet er Biblio­the­ken, Förde­rern und Forschen­den ein frei verfüg­ba­res Tool zur Analy­se von Publi­ka­tio­nen, darin zu finden­den Zitatio­nen sowie Kosten­da­ten. Zusätz­lich werden Daten bestehen­der Quell­sys­te­me wie der Daten­bank des Kompe­tenz­netz­werks Biblio­me­trie gesam­melt und aggre­giert. In einer frei verfüg­ba­ren Anwen­dungs­ober­flä­che werden diese Daten dann nutzbar gemacht und in einem weite­ren Schritt in wissen­schaft­li­chen Publi­ka­tio­nen veröf­fent­licht. So werden diese Erkennt­nis­se wieder der wissen­schaft­li­chen Commu­ni­ty und der inter­es­sier­ten Öffent­lich­keit zur Verfü­gung gestellt.

Weiter­hin beobach­tet und unter­stützt der Open Access Monitor den Wandel des Publi­ka­ti­ons­sys­tems hin zu Open Access. Dies geschieht durch andau­ern­de Analy­sen von Subskrip­ti­ons- und Publi­ka­ti­ons­aus­ga­ben. Durch eine teils wöchent­li­che Liefe­rung von Daten­feeds aus den Source-Daten­ban­ken wird Nutzen­den eine stets aktuel­le Daten­grund­la­ge zur Verfü­gung gestellt. Durch die Möglich­keit Suchan­fra­gen in der Anwen­der­ober­flä­che zu filtern, werden unter­schied­li­che Nutzungs­sze­na­ri­en unter­stützt. Das Bundes­mi­nis­te­ri­um für Bildung und Forschung fördert die Weiter­ent­wick­lung und den Betrieb des Open Access Monitors Deutsch­land durch die Zentral­bi­blio­thek des Forschungs­zen­trums Jülich im Projekt „OAM – Open Access Monito­ring” (FKZ 16OAMO001).

Monitor zur Erfas­sung des Publi­ka­ti­ons­auf­kom­mens deutscher akade­mi­scher Einrich­tun­gen in wissen­schaft­li­chen Zeitschrif­ten. Anhand von Analy­sen der Abonne­ment­ge­büh­ren und der Veröf­fent­li­chungs­ge­büh­ren lässt sich der Übergang zu Open-Access beobachten.

Vertei­lung der Geschäfts­mo­del­le von Zeitschriften

Die Grafik gibt die aktuel­le Vertei­lung der Geschäfts­mo­del­le von Zeitschrif­ten (33.150) auf Basis der Cross­ref Titel­lis­te sowie der im OAM verwen­de­ten Zeitschrif­ten­lis­ten (DOAJ, DOAG, Trans­for­ma­ti­ons­ver­trä­ge) an.

Vertei­lung der Zeitschrif­ten­ar­ti­kel in Deutschland

Die Grafik zeigt das Open/Closed Access Verhält­nis der Zeitschrif­ten­ar­ti­kel (764.825) in Deutsch­land für die letzten fünf Jahre (2018–2022) auf Basis von Dimen­si­ons, Unpay­wall sowie der im OAM verwen­de­ten Zeitschrif­ten­lis­ten (DOAJ, DOAG, Trans­for­ma­ti­ons­ver­trä­ge) an.

Digita­les Fenster

Erfas­sung und Analy­se biblio­me­tri­scher Indikatoren

Der Pakt für Forschung und Innova­ti­on (PFI) ist eine Verein­ba­rung zwischen Bund und Ländern sowie fünf Wissen­schafts- und Forschungs­or­ga­ni­sa­tio­nen. Im Pakt für Forschung und Innova­ti­on erhal­ten die Wissen­schafts- und Forschungs­or­ga­ni­sa­tio­nen finan­zi­el­le Planungs­si­cher­heit durch verein­bar­te, jährli­che Steige­run­gen der insti­tu­tio­nel­len Zuwen­dun­gen. Im Gegen­zug haben sich die Paktpart­ner auf gemein­sa­me forschungs­po­li­ti­sche Ziele verpflich­tet. Für die laufen­de, vierte Phase haben sich die Paktpart­ner auf fünf zentra­le, forschungs­po­li­ti­sche Ziele geeinigt. Diese sind: 1. Dynami­sche Entwick­lung fördern, 2. Trans­fer in Wirtschaft und Gesell­schaft stärken, 3. Vernet­zung vertie­fen, 4. Die besten Köpfe gewin­nen und halten, und 5. Infra­struk­tu­ren für die Forschung stärken.

Gegen­stand des Projek­tes ist es, in jedem der Jahre 2022 bis 2026 einen auf Analy­sen biblio­me­tri­scher Indika­to­ren beruhen­den Bericht für die vier außer­uni­ver­si­tä­ren Forschungs­or­ga­ni­sa­tio­nen zu verfas­sen, und dabei auch das gesam­te deutsche Wissen­schafts­sys­tem und dessen Entwick­lung sowie Trends und Dynami­ken zu erfas­sen und sowohl natio­nal wie auch inter­na­tio­nal einzu­ord­nen. In diesem Monito­ring-Bericht wird ausschließ­lich auf biblio­me­tri­sche Indika­to­ren zurück­ge­grif­fen. So sollen mit diesem Bericht für alle außer­uni­ver­si­tä­ren Forschungs­or­ga­ni­sa­tio­nen in Deutsch­land nach einheit­li­chen Metho­den erhobe­ne biblio­me­tri­sche Indika­to­ren bereit­ge­stellt werden, die sowohl den Organi­sa­tio­nen selbst, der GWK, als auch einer inter­es­sier­ten Öffent­lich­keit empiri­sche Fakten für die jeweils eigene Bewer­tung zur Verfü­gung stellen.